Wer ist psychisch gesund, wer ist krank?

Kurzinfo

Wer psychisch krank ist, äußert Dinge, die andere nicht verstehen, fühlt nicht »wie alle«, verhält sich ungewöhnlich, manchmal sogar aggressiv. Anderen Menschen fällt es schwer, diese Veränderungen zu verstehen; ein psychisch Kranker fühlt sich daher oft unverstanden und zieht sich zurück.

Detailinfo


Jede Erkrankung der Psyche hat etwas Bedrohliches: Sie ist nicht sichtbar wie eine Schwellung, nicht ein für alle Mal erklärbar wie eine Entzündung. Sie entzieht sich unserer Vorstellung, und nicht selten kann, wer selbst betroffen ist, sie nicht erkennen.
Nicht selten ist eine psychische Erkrankung eine sogenannte Psychose. Handeln und Fühlen sind dann gleichermaßen stark betroffen. Das Gehirn, mit dem der Mensch seine Umwelt und sich selbst erfasst und versteht, mit dessen Hilfe er sich anderen mitteilt, arbeitet in diesen Fällen anders als nomalerweise. Aber nicht jede Erkrankung der Psyche muss derart dramatische Veränderungen im Leben eines Menschen hervorrufen. Zwischen Gesundheit und Krankheit gibt es fließende Übergänge - ganz abgesehen davon, dass es im Bereich des Psychischen besonders schwer ist, zu sagen, wo die Gesundheit endet und die Krankheit beginnt.

In der Medizin werden daher nur die psychischen Veränderungen als Krankheit bezeichnet, unter denen der Betroffene oder seine Umgebung stark leiden und die das Zusammenleben erheblich erschweren. Ausschlaggebend dafür, dass eine psychische Befindlichkeit als Krankheit bezeichnet wird, ist also nicht ein Symptom, sondern das empfundene Leiden.

Eben weil das Leiden eines psychisch kranken Menschen nicht für jeden sichtbar und »beweisbar« ist, wird es häufig als Krankheit nicht ernst genommen. Der Verlust des Antriebs oder eine depressive Verstimmung beispielsweise werden mit Bequemlichkeit oder Starrsinn, mit fehlendem Interesse oder gar Dummheit gleichgesetzt.

Die Krankheit verstehen

Menschen im Umfeld des Kranken fällt oft zuerst auf, dass sich dessen Verhalten verändert hat:

Jemand, der ruhig und zurückhaltend war, ist jetzt vielleicht wortstark und reizbar, jemand, der immer fröhlich und lebenslustig schien, ist auf ein- mal antriebslos und kann sich an nichts mehr freu- en. Der Kranke leidet unter diesen Veränderungen, auch wenn er es oft nicht äußern kann.

Der psychisch Kranke hat keinen Gips oder Verband, der laufend auf sein Leiden hinweist, und er ist häufig sehr viel länger krank als bei körperlichen Störungen üblich. So kann es beispielsweise in der Familie zu Diskussionen kommen, ob er überhaupt willens ist, gesund zu werden.

Um dem psychisch Kranken zu helfen, ist es daher besonders wichtig, dass auch Angehörige mit dem behandelnden Arzt oder Psychologen Kontakt halten und durch seine Beratung lernen, Verlauf und Charakter der Krankheit zu verstehen und damit richtig umzugehen.

Psychiatrische Einrichtungen
In psychiatrischen Einrichtungen bemüht man sich heute verstärkt um einen offenen, verständnisvollen Umgang mit der psychischen Kränkung seinen Angehörigen.
Psychiatrische Krankenhäuser werden wieder kleiner, und neue Häuser entstehen in Stadtnähe, um die Patienten nicht völlig aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen. Auch wird versucht, die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus zu verkürzen. Zahlreiche Tageskliniken und ambulante psychiatrische Dienste sind daher entstanden.

Psychiatrische Behandlung
Bis vor etwa 40 Jahren konnte man psychisch kranken Menschen nicht wirklich helfen. Die meisten der damals üblichen »Therapien- erscheinen uns heute menschenverachtend. Die Entdeckung neu- er Medikamente brachte - trotz aller berechtigten Vorbehalte - eine deutliche Wende in der Behandlung.
Heute versucht man, psychisch kranken Menschen auf verschiedenen Wegen zu helfen: Sind Stoffwechselstörungen im Gehirn die Ursache für Psychosen, können sie heute oft mit Medikamenten behandelt werden.
In einer Psychotherapie können psychische Konflikte verarbeitet und Verhaltensänderungen trainiert werden.
In der künstlerischen und handwerklichen Beschäftigungstherapie, in der Arbeits- und Musiktherapie können Konzentration und Ausdrucksvermögen gestärkt werden.
Darüber hinaus gibt es ambulante Einrichtungen, sozialpsychiatrische Dienste, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen

Angst vor psychisch Kranken

Viele haben Angst vor psychisch kranken Menschen, weil sie glauben, ihr Verhalten sei »unberechenbar«, Natürlich gibt es immer wieder Kranke, die sich oder andere in Gefahr bringen - Vorfälle dieser Art werden nur allzu gern als Sensationsmeldungen von den Medien aufgegriffen, sind aber sehr selten.
Befindet sich ein Mensch in höchster Erregung und gefährdeten dieser Situation sich selbst oder andere, so hat allerdings laut Gesetz die Polizei die Befugnis, ihn auch gegen seinen Willen in ein psychiatrisches Krankenhaus zu bringen.
Dort wird er von einem Psychiater untersucht und in begründete Fällen auf eine Station eingewiesen. Innerhalb von 24 Stunden muss ein Amtsrichter ihn angehört haben, der dann entscheidet, ob er weiter auf einer - geschlossenen - Station bleiben und sich behandeln lassen muss.
Diese Situation zu durchleben ist für den Betroffenen beängstigend - auch wenn er letztlich selbst weiß, dass er Hilfe braucht.

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Wer psychisch krank ist, verhält sich "anders" als sonst.